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Illustration einer winkenden Hand

Das Ende der erweiterten Textanzeigen

Google verabschiedet seinen Anzeigenklassiker

Ende August kündigte Google das Ende der erweiterten Textanzeigen (ETA) an. Diese Entscheidung war zu erwarten, nachdem Google bereits im Februar dieses Jahres die responsiven Suchanzeigen zum neuen Standardtyp gemacht hatte.

Was bedeutet das jetzt genau für Anzeigenkunden und Agenturen?

Wichtig: Google bietet für die Umstellung erst mal eine Übergangsfrist. Noch bis zum 30. Juni 2022 können wie gewohnt erweiterte Textanzeigen erstellt werden.

Auch nach Ablauf der Frist sollen bestehende Anzeigen zunächst weiterlaufen, überwacht, ausgewertet und auch pausiert sowie erneut gestartet werden können. Die Textanzeigen können allerdings nicht mehr optimiert werden, z. B. durch Überarbeitung der Überschriften oder Texte.

Perspektivisch dürften die Tage der letzten Textanzeigen trotzdem gezählt sein: Auch die „alten Textanzeigen“ durften nach ihrer Einstellung 2016 erst noch weiterlaufen und wurden dann 2017 komplett deaktiviert. Vergleichbares könnte uns also auch jetzt mit den erweiterten Textanzeigen in den folgenden Jahren erwarten.

Ganz sicher kann man davon ausgehen, dass responsive Suchanzeigen in Zukunft bevorzugt ausgespielt werden. Schon seit Februar war zu merken, dass RSA mehr Sichtbarkeit bekommen haben. Selbst in Anzeigengruppen, in denen die Einstellungen zur Anzeigenrotation etwas anderes sicherstellen sollte. Diese Bevorzugung in den Auktionen für den neuen Standard war sicher ebenfalls nicht anders zu erwarten.

Es wird also spannend zu verfolgen, wie sich die Leistung der bestehenden und eng fokussierten ETA jetzt und speziell dann nach dem Juni 2022 entwickeln wird. Denn mal ganz ehrlich: Wer würde ein milliardenfach bewährtes Anzeigenformat aufs Abstellgleis stellen und ihm dann weiterhin einen Platz an der Sonne gönnen?

Was werden Werbetreibende an den erweiterten Textanzeigen vermissen?

Erweiterte Textanzeigen sind klassische Suchmaschinenanzeigen. Sie wurden in dieser Form eingeführt, um speziell die mobile Ausspielung zu verbessern.

Sie bestehen aus bis zu drei Anzeigentiteln und zwei Textzeilen von maximal 90 Zeichen. Dazu kamen in den letzten Jahren Erweiterungsmöglichkeiten wie z. B. Standorterweiterungen für lokale Geschäfte, Anruferweiterungen oder Sitelink- und Snippet-Erweiterungen.

erweiterte textanzeige eta beispiel Kopie
Beispiel: Titel und Textelemente einer erweiterten Textanzeige

Textanzeigen bieten dem Werbetreibenden exakte Kontrolle. Sie sind damit die Voraussetzung für die „klassischen Herangehensweise“ an Google Ads. Heute spricht man in diesem Zusammenhang gerne von granularen Kampagnenstrukturen. Am Ende dieser stark differenzierten Strukturen stehen eben spezifische Textanzeigen.

Wer sich zumindest schon eine kleine Weile mit Google Ads beschäftigt, liebt deshalb die reinen Textanzeigen. Der Werbetreibende hat hier alle Fäden fest in der Hand: die exakten Anzeigentexte und ihre Dramaturgie sowie das spezifische Testen von Textvarianten. Textanzeigen bieten exakte Kontrolle, Steuerung und Optimierung der Anzeigen und ihrer detaillierten Inhalte.

Auch wenn es speziell die erweiterten Textanzeigen erst seit 2016 und noch mal vergrößert seit 2018 gibt: Sie sind trotzdem die logische Fortsetzung der alten, einfachen Textanzeigen. Und mit denen hat sich schon vor Jahrzehnten eine exakte Kontrolle entwickelt und für eine optimale Ausnutzung des Werbebudgets bewährt.

Für diesen Ansatz benötigt man eine extrem kleine Anzahl an Keywords und eine exakte Ausrichtung auf diese Suchbegriffe. Mit den Möglichkeiten der Textanzeigen kann man dann bis ins Detail überwachen und mit den gewonnenen Erfahrungen manuell optimieren.

Schon seit längerem wird den Werbenden allerdings mit der allgemeinen Automatisierung, zu der diese Änderung gehört, immer mehr aus der Hand genommen. Auch wenn Google gerne mit der Leistungsfähigkeit der KI wirbt, sind zumindest Zweifel an rein altruistischen Motiven des Unternehmens angezeigt. Schließlich hat Google immer ein Interesse daran, Anzeigen zu schalten und Anzeigenbudgets voll auszuschöpfen. Selbst wenn ein Werbekunde in dem ein oder anderen Fall auf die Anzeigenschaltung verzichtet oder ein anderes Wording bevorzugt hätte.

Ein weiteres wichtiges Problem für Werbetreibende ist, das mit den ETA eine gute Quelle an Informationen zu Kundenbedürfnissen und relevanten Antworten versiegt. Denn die gezielte Gestaltung und Optimierung einzelner Sätze in einer festen Dramaturgie, ist eine schnelle und einfache Möglichkeit zu testen, was Kunden bewegt und überzeugt. Und vor allem was bei Anzeigen funktioniert. Bei den responsiven Suchanzeigen verschwinden solche Details demnächst hinter einem dichten Vorhang.

Warum ist Google so überzeugt von responsiven Suchanzeigen?

Responsive Suchanzeigen sind speziell für das Thema Automatisierung und Googles KI entwickelt. Werbetreibende texten hier nicht mehr ganze Anzeigen, sondern nur noch einzelne Versatzstücke. Und zwar bis zu 15 Anzeigentitel und 4 Textzeilen bzw. Beschreibungen. Diese sogenannten Assets kombiniert Google dann in Millisekunden speziell für die jeweilige Suchanfrage. Das ermöglicht bis zu 40.000 verschiedene Kombinationsmöglichkeiten der einzelnen Bausteine.

Screenshot der Erstellung einer Responsiven Suchanzeige mit den verschiedenen Assets in der Google Ads Oberfläche
Screenshot: Erstellung der Assets mit Titel und Beschreibung

Google ist schwer überzeugt von seinen responsiven Suchanzeigen. Und natürlich vor allem von Automatisierung und maschinellem Lernen. Der Branchenprimus führt als primäres Argument an, dass sich Kundenbedürfnisse und Suchen ständig fortentwickeln und nur die KI mithalten und die passenden Anzeigen liefern kann.

„15 % der täglichen Suchanfragen sind Suchanfragen, die es vorher noch nie gab. Verbrauchertrends ändern sich und entwickeln sich weiter“, heißt es dazu bei Google.

Anzeigenkunden könnten vor allem höhere Conversion-Raten erwarten, wenn sie von erweiterten Textanzeigen auf responsive Suchanzeigen umstellen. Sprich: Google erwartet, Suchintentionen besser zu treffen als Werbetreibende mit ihren Texten. Das klingt erst mal nicht vollkommen abwegig, schließlich ist genau das der Kern von Googles Geschäftsmodell.

Sicher hofft Google allerdings auch noch mehr Leute zur Nutzung von Ads zu verlocken. Laien könnten die responsiven Suchanzeigen auf den ersten Blick durch den breiteren Fokus und weniger Aufwand bei Überwachung und Optimierung bevorzugen. Ziel sind also noch mehr Kunden für Google Ads – vor allem die, die sich keine professionelle Betreuung leisten können oder wollen.

Was ist jetzt zu tun?

1. ETA so lange nutzen, wie sie von Vorteil sind.

Das Testen von Anzeigen-Varianten sollte jetzt noch mehr vorangetrieben werden, damit spätestens am Deadline Day die bestmöglichen erweiterten Textanzeigen zur Verfügung stehen.

Gibt es darüber hinaus noch Themen, Leistungen oder Produkte, die schon längst eine Kampagne oder Anzeigengruppe verdient hätten? Sind die letzten Optimierungen schon länger her? Dann ist es jetzt an der Zeit, noch mal alles zu nutzen, was ETA für effizientes Marketing bieten.

Das bietet auch den Vorteil, dass man gute Elemente der Textanzeigen als Assets für den Start mit responsiven Suchanzeigen verwenden kann.

2. Jetzt anfangen RSA zu nutzen und daran zu lernen.

Responsive Suchanzeigen sind der neue Standard. Es wird Zeit, sich damit zu beschäftigen.

Für einen gewissen Grad der Steuerung der RSA sorgt die Möglichkeit, Anzeigentitel und Textzeilen anpinnen zu können. Beim Anpinnen legst du fest, dass ein Asset in der Ausspielung nur an einer bestimmten Position ausgespielt werden darf. Ein Beispiel wäre ein typischer Call-to-Action, der als Textzeile nur an der zweiten Position und damit als Abschluss gezeigt wird.

Am Ende des Tages muss man natürlich mit dem Flow gehen. Sich gegen die Trends Automatisierung und maschinelles Lernen bei Google zu stellen, wäre wirklich kontraproduktiv. Also: Auch wenn du noch über einen längeren Zeitraum mit den Pins die guten alten erweiterten Textanzeigen „simulierst“, ist es doch an der Zeit, sich voll auf das Thema RSA zu stürzen und schnellstmöglich dazuzulernen.

Hierfür ist es wichtig zu verstehen, dass responsive Suchanzeigen eine höhere Anzahl an guten und unterschiedlichen Assets, also Anzeigentiteln und Textzeilen, benötigen. Nur so hat die KI ausreichend Material, um in den Tests die erfolgreichsten Kombinationen zu finden. Nur so nutzt du die Stärke der RSA, eine hohe Anzahl an Assets mittels KI für richtige Anzeigensituation kombinieren zu können. Das erhöht am Ende auch die Chance, dass die Anzeige ausgespielt wird, da sie spezifischer und relevanter für den jeweiligen Nutzer ist.

Bei den responsiven Suchanzeigen solltest du nur Anzeigentitel verwenden, die sich eindeutig voneinander unterscheiden und mit allen anderen Assets kombinierbar sind. Sonst können sich redundante Anzeigenelemente ergeben, bis die KI verstanden hat, dass diese Kombinationen nicht effektiv sind.

Fazit

Die Beurteilung, wie gut RSA wirklich sind, bleibt wohl erst mal jedem/jeder Einzelnen überlassen. Zumal die Erfahrungen bei verschiedenen Kunden und in verschiedenen Branchen und Nischen unterschiedlich sind.

Nicht um sonst hat selbst Google in den letzten Jahren empfohlen, in Anzeigengruppen mit einem Mix an erweiterten Textanzeigen und responsiven Suchanzeigen zu arbeiten. Die Erfahrungen im Markt beim Vergleich von erweiterten Textanzeigen und responsiven Suchanzeigen sind zumindest gemischt. Für die meisten Werbetreibenden war es bislang beruhigend, die ETA zumindest in der Hinterhand zu haben, wenn die Leistung der RSA nicht den Erwartungen entsprachen.

Wie gut responsive Suchanzeigen in Zukunft noch werden, wird sich zeigen – schließlich ist dies kein abgeschlossener Prozess. In der Übergangsphase werden viele daran arbeiten müssen, gewohnte Effizienzwerte zu erreichen. Die aktuelle granulare Ausgestaltung von Anzeigenkonten und Kampagnen könnte infrage gestellt werden. Am Ende führt sicher kein Weg an diesem Trend vorbei. Man sollte jetzt beginnen, ihn zu gestalten.